Unsere Geothermie in Pullach: Chancen und Risiken – Pragmatismus statt Luftschlösser
Die Geothermie (Erdwärme) verfügt grundsätzlich über einen schier unerschöpflichen Vorrat. Allein in den ersten drei Kilometern Tiefe der Erdkruste lagert genug Wärmeenergie, um damit theoretisch den gesamten heutigen Energiebedarf der Menschheit für 100.000 Jahre zu sichern. Erdwärme ist ständig verfügbar, umweltfreundlich und schont unsere nur begrenzt vorhandenen konventionellen Energieressourcen.
Allerdings ist sie nicht überall einfach nutzbar. Hier im Alpenvorland bietet jedoch eine spezielle Gesteinsschicht, das Molassebecken, günstige Voraussetzungen für eine tiefengeothermische Nutzung. Dort sind die für eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung erforderlichen Temperaturen des Wassers von über 100 °C gegeben.
Die IEP GmbH (Innovative Energie für Pullach) wurde 2002 gegründet, um diese vorteilhaften geothermischen Voraussetzungen für Pullach zu nutzen. Aus einer Tiefe von 3.500 Metern wird das Wasser mit einer Temperatur von 102 °C – 104 °C gewonnen, in einem Wärmetauscher diesem Wasser ein Teil der enthaltenen Energie / Wärme entzogen und es auf 60 °C – 70 °C abgekühlt und wieder in die Tiefe verpresst. Die gewonnene Wärme wird als Wasserstrom durch das inzwischen auf rund 50 km angewachsene Pullacher Wärmenetz zum Heizen geleitet. Für den Aufbau dieser Infrastruktur ist die Gemeinde Pullach mit rund 50 Mio. EUR ins Obligo gegangen. Dazu kommen noch die Kosten für die drei Bohrlöcher.
Inzwischen sind rund 900 Objekte mit etwa einem Drittel aller 4.500 Pullacher Haushalte an die Geothermie angeschlossen. Dadurch werden jährlich CO2 Emissionen von rund 20.000 t in Pullach vermieden. Das entspricht in etwa dem gesamten CO2-Ausstoß von 10.000 Autos, die 12.000 km/Jahr fahren mit einem Verbrauch von 7 Litern je 100 km. Ein schöner Erfolg.
Inzwischen mehren sich die Stimmen, die für einen weiteren Ausbau der IEP
zur Versorgung der Stadt München oder gar für den Einstieg in die
Stromherstellung werben. Ein weiterer Ausbau der IEP zur Wärmeversorgung
Münchens ist jedoch nicht Aufgabe der Gemeinde und darf Pullach nicht weitere
finanzielle Risiken auferlegen. Hier sind entweder die Stadt München oder privatwirtschaftliche
Finanzinstrumente, z. B. eine unbesicherte und handelbare
Inhaberteilschuldverschreibung, anzuwenden, dem einzigen Finanzvehikel, für
dessen Emission keine Banklizenz erforderlich ist. Die könnte dann von Bürgern
oder institutionellen Investoren gezeichnet werden. Sollte es, wie im Gemeinderat
vorgetragen, tatsächlich quasi kein wirtschaftliches Risiko geben, so wird die
Platzierung einer solchen Anleihe kein Thema sein. Wird die Platzierung
hingegen schwierig, so wäre im Umkehrschluss noch einmal das Risiko zu
hinterfragen.
Der Einstieg mit unserer Geothermie ins Stromgeschäft wäre physikalisch suboptimal und wirtschaftlich sehr fragwürdig. Dies ist allenfalls wirtschaftlich sinnvoll in Hochenthalpielagerstätten, in denen aufgrund von geothermischen Anomalien, wie vulkanischen Aktvitäten und Erdbeben, Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius angetroffen werden. In unseren Lagen handelt es sich um Niederenthalpielagerstätten. Aufgrund der geringen Temperatur des gewonnen Tiefenwassers ist der mögliche energetische Wirkungsgrad zu niedrig, um wirtschaftlich sinnvoll zur Stromerzeugung eingesetzt zu werden. Durch Einsatz von giftigem Ammoniak als Arbeitsmittel – statt Druckwasser – lässt sich die geringe Temperaturspreizung einerseits etwas besser nutzen, dafür handelt man sich andererseits teuere Sicherheitsanforderungen ein. Trotzdem bleibt der Wirkungsgrad bescheiden.
Also setzen wir unsere Geothermie doch dort ein, wo sie physikalisch und wirtschaftlich sinnvoll ist: beim Heizen!
Pragmatismus statt Luftschlösser! Dafür stehen wir bei der FDP
Dr. Thomas Klaue, FDP-Gemeinderatskandidat
Artikel erscheint am 12.03.2020 im Isar Anzeiger