Unsere Geothermie – Offenheit und Transparenz stärken Vertrauen
Die Innovative Energie Pullach GmbH (IEP) versorgt die Pullacher Haushalte und Gewerbebetriebe mit Heißwasser aus geothermischen Quellen. Sie ist, obwohl wie ein Privatunternehmen organisiert, eine 100%ige Tochter der Gemeinde Pullach. Sie erfüllt damit für die Gemeinde eine Aufgabe der sogenannten Daseinsvorsorge. Darunter versteht man die Pflicht einer jeden Gemeinde die Grundversorgung ihrer Bevölkerung sicherzustellen. Das sind z.B. die Versorgung mit Wasser, Abwasser, Strom und die Müllabfuhr, aber auch die Versorgung mit schnellem Internet. Rechtlich betrachtet kann man auch die Versorgung der Pullacher Bevölkerung mit Fernwärme problemlos zu den Aufgaben der Daseinsvorsorge zählen. Hier ist die Geothermie in Pullach eine Erfolgsgeschichte.
Problematisch ist vor diesem Hintergrund das Projekt, das die IEP gemeinsam mit den Stadtwerken München in Baierbrunn verwirklichen möchte. Kurz gesagt: In Baierbrunn möchte die Pullacher IEP heißes Wasser fördern und es nach München verkaufen. Das ist keine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge für die Pullacher Bevölkerung mehr. Das schließt eine Beteiligung der IEP und damit mittelbar der Gemeinde Pullach an diesem Projekt aber nicht aus. Staatsbeteiligungen an Wirtschaftsunternehmen sind in unserer Wirtschaftsordnung keine Seltenheit.
Eines muss aber immer klar sein: Staat oder Gemeinde müssen immer zuerst die Kernaufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen, bevor sie sich in der Wirtschaft engagieren. Das heißt: Zuerst muss der Neubau oder die Sanierung von Grundschule, Gymnasium, Schwimmbad, der Wohnungsbau und die Verlegung des Glasfasernetzes, um nur einige zu nennen, finanziert sein, ehe sich die Gemeinde wirtschaftlich außerhalb ihrer Grenzen beteiligt.
Angesichts der Ausmaße des Projekts in Baierbrunn wird sich die IEP nach meiner Auffassung zwingend nach Drittmitteln auf dem Kapitalmarkt bei Banken oder Investmentfonds umsehen müssen. Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang die Auflage einer Bürgeranleihe. Es gäbe den Pullachern die Möglichkeit ihr Geld in sinnvolle Projekte vor ihrer Haustüre zu investieren. Das fördert Vertrauen und den immer wieder gewünschten Konsens bei dem Projekt Geothermie. Außerdem, warum sollen bei einem Projekt, das initial von der Gemeinde angestoßen und mit Steuermitteln finanziert wurde, Fremde von der Rendite des Projekts profitieren und nicht die Bürger, die mittelbar das Risiko getragen haben.
Soweit sich die Gemeinde mit Steuermitteln an wirtschaftlichen Projekten beteiligt, kann der Bürger größtmögliche Transparenz verlangen, um eine effiziente und sinnvolle Verwendung seiner Mittel sicherzustellen. Transparenz im Zusammenhang mit dem Projekt Geothermie bedeutet für mich insbesondere:
- Mit Zukunftsrisiken muss offen umgegangen werden. Von der jetzt postulieren Alternativlosigkeit einer vierten Bohrung nach Heißwasser, die als Argument für das Projekt in Baierbrunn gebracht wird, war ursprünglich keine Rede. Erst waren zwei Bohrungen vorgesehen, dann wurde eine dritte notwendig. Dass jetzt eine vierte Bohrung erforderlich wird, hätte ich bei meinen Entscheidungen im Gemeinderat in den letzten zwölf Jahren gerne gewusst.
- Der Rechnungsprüfungsausschuss des Gemeinderates muss vollen Zugriff auf die Bücher der Geothermiegesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften haben. Bisher wurde nur freiwillig und ohne Anerkennung einer Verpflichtung Auskunft gegeben und das auch nur teilweise. Auch dadurch entstanden Gerüchte in der Bevölkerung, einzelnen Gemeinderäte würden mit großzügigen Beraterverträgen von der IEP profitieren. Aus meiner Sicht, sind die rechtlichen Argumente, mit denen dem Rechnungsprüfungsausschuss bisher Einblick in die IEP und andere Töchter der Gemeinde verwehrt wurde, nicht haltbar. Die Sache liegt jetzt bei der Rechtsaufsicht im Landratsamt zur Prüfung. Aber selbst wenn diese zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Weigerung der gemeindlichen Töchter im Moment rechtlich zulässig ist, so ist sie politisch falsch. Dann muss eben vom Gemeinderat die Satzung IEP entsprechend geändert werden, um die politisch erforderliche Transparenz auch rechtlich zu gewährleisten.
- Die volle Transparenz muss sich auf die IEP und auch auf die Tochtergesellschaften der IEP GmbH erstrecken, also auf die Stromnetz Pullach GmbH und das zukünftige Gemeinschaftsunternehmen mit den Stadtwerken München für das Projekt in Baierbrunn. Hier müssen strengere Maßstäbe angelegt werden, als bei privaten Investitionen. Der Aktionär gibt sein Geld einer Firma freiwillig. Trotzdem müssen Vorstand und Aufsichtsrat bestimmte Transparenzregeln einhalten. Der Steuerzahler gibt sein Geld nicht freiwillig. Das erfordert einen noch strengeren Transparenzmaßstab.
- Es müssen sämtliche Regeln einer sauberen Unternehmensführung eingehalten werden. Es darf nicht wieder passieren, dass wie bei der Stromnetz Pullach GmbH der Geschäftsführer, der auch Geschäftsführer der IEP ist, die Mitglieder des Aufsichtsrates selbst ernennt. Der Aufsichtsrat soll den Geschäftsführer kontrollieren. Das kann er nicht, wenn er fürchten muss bei Kritik von diesem abgelöst oder nicht mehr aufgestellt zu werden. Der Gemeinderat und der Aufsichtsrat der IEP selbst wussten von alldem nichts. Aus diesem Grund ist auch der FDP-Vertreter im Aufsichtsrat der IEP zurückgetreten.
Das Wichtigste für das weitere Gelingen des Projektes Geothermie, speziell auch in Baierbrunn ist, Kritikfähigkeit bei allen Beteiligten. Es darf nicht jede Kritik gleich als Majestätsbeleidigung gewertet werden. Die heftigen Reaktionen, die Kritik in letzter Zeit bei den Beteiligten ausgelöst hat, schürt Misstrauen. Nicht jede Kritik am Vorgehen der Beteiligten stellt gleich das gesamte Projekt an sich in Frage. Offenheit und Transparenz stellen Vertrauen her. Wenn ich kritisiert werde, muss ich mein Handeln erklären können und darf mich nicht auf Geheimhaltung berufen. Es gibt eine nicht unerhebliche Zahl von Pullachern, die dem neuen Geothermieprojekt kritisch bis ablehnend gegenüberstehen. Diese gilt es zu überzeugen, damit Konsens nicht nur unter den im Gemeinderat vertretenen Parteien, sondern in der gesamten Bevölkerung herrscht.
Dr. Alexander Betz – FDP-Gemeinderatskandidat
Artikel erscheint am 12.03.2020 im Isar-Anzeiger